25 Okt 7 Fragen an … Klaudia Noventa
Die Wochen vor Allerheiligen sind für Klaudia Noventa die intensivste Zeit des Jahres. Als Steinmetzin graviert sie Inschriften auf Grabsteinen. Von Hand meißelt sie Buchstabe für Buchstabe in den Stein – und damit Erinnerungen und Geschichten, die für die Ewigkeit bleiben und nicht nur die Herzen ihrer Kunden, sondern oft auch sie selbst berühren.
#1 Was kann eine Steinmetzin und worauf hast du dich spezialisiert?
Ein Steinmetz hat ein breitgefächertes Arbeitsspektrum, wie die Restauration von Kirchen. In der modernen Steinmetzerei geht es viel um Küchenarbeitsplatten, Schwimmbadumrandungen, Treppenstufen oder Fensterbänke. Und ganz ein kleiner Bereich ist dann eigentlich der Friedhofsbereich, das ist mein Gebiet. Ich kümmere mich um alles, was auf dem Friedhof zu tun ist – angefangen vom Kundengespräch bis zur Ausführung von Grabsteinen, Urnenplatten, Restaurationen oder Grabauflösungen. Als Ein-Frau-Betrieb habe ich damit sozusagen Arbeit genug. Meistens ist man zwar froh, wenn man mich nicht braucht, aber gebraucht werde ich halt doch irgendwann…
#2 Wie wird man Steinmetzin?
Bei mir war das so, dass ich auf meinem Schulweg immer am Steinmetz vorbei gekommen bin. Ich war neugierig und wollte wissen, was da gemacht wird. Es hat mich einige Überwindung gekostet, nachzufragen und bald darauf konnte ich beim Steinmetz Schwer in Bludenz zum Schnuppern kommen. Ich war richtig aufgeregt, weil es mir so gefallen hat – und dann hat mich Herr Schwer gefragt, ob ich anfangen will. Meine Eltern haben nur gesagt: Ja, du darfst Steinmetz lernen, aber die Lehre wird fertiggemacht. Die Berufsschule war dann in Salzburg – als 15-Jährige allein nach Salzburg und ich hab ja niemanden gekannt! In der ersten Klasse 25 Buben und ich… Das war echt hart aber trotzdem eine super Zeit. Jetzt habe ich schon dreißig Jahre zusammen und bin seit neun Jahren selbständig.
#3 Wie funktioniert das Gravieren von Inschriften?
Das Gravieren beginnt mit dem Aussuchen der Schriftart. Grundsätzlich kann ich alles gravieren, auch Schreibschriften oder eine originale Kinderhandschrift. Oft gehen mir die Geschichten meiner Kunden auch selber sehr nah. Dadurch ist es mir dann noch wichtiger, dass die Gestaltung genauso wird, dass sie zum Verstorbenen und der Familie passt.
Wenn ich dann die ausgesuchte Schrift auf den Grabstein gezeichnet habe, arbeite ich mit dem Kompressor die Geraden vor. Und mit Hammer und Meißel arbeite ich dann alle Rundungen, Ecken und Feinheiten aus. In der Werkstatt kann ich mit dem liegenden Stein arbeiten, das ist natürlich fein. Auf dem Friedhof sitze ich teilweise sechs Stunden lang im Schneidersitz und muss mich dann mit beiden Händen am Grabstein festhalten und hochziehen, damit ich überhaupt wieder aufstehen kann! Es ist schon eine anstrengende Arbeit, aber eine schöne.
#4 Was musst du bei der Arbeit auf dem Friedhof beachten?
Wenn ich auf den Friedhof komme, mache ich als erstes den Wackeltest. Einer bekannten Steinmetzin ist es tatsächlich mal passiert, dass sich ein Grabstein gelöst hat und umgefallen ist – sie war mit dem Bein eingeklemmt und musste um Hilfe rufen, weil sie sich nicht selbst befreien konnte. Ein Albtraum! Darum: Wackeltest.
Schön ist, wenn ich eine Schrift am Ende noch mit Blattgold vergolden darf. Auf dem Friedhof ist das allerdings eine besondere Herausforderung. Sobald das kleinste Lüftchen weht, fliegt dir das hauchdünne Blattgold über den halben Friedhof davon. Günstig ist es ja nicht gerade! Aber nachgesprungen bin ich jetzt auch noch nicht, das lässt man dann halt fliegen…
#5 Was passiert, wenn du mal einen Fehler machst?
Im letzten Jahr ist mir tatsächlich ein Fehler passiert… Ich musste vor Ort einen Grabstein gravieren, auf dem bereits drei Verstorbene mit teilweise unterschiedlichen Nachnamen gestanden haben. Ich habe dann begonnen und irgendwann bemerkt, dass ich den falschen Nachnamen drauf habe. Das war eine Aufregung! Der komplette Stein musste abgeschliffen werden und ich musste sämtliche Namen neu gravieren. Das war eine ziemliche Minuspartie für mich. Die Kunden waren glücklicherweise am Ende zufrieden, da wir so auch gleich den kompletten Grabstein nach ihren Wünschen umgestalten konnten. Das passiert mir aber jetzt bestimmt für die nächsten dreißig Jahre nicht mehr!
#6 Fühlst du dich als Unternehmerin in Stallehr dem Montafon zugehörig?
Eigentlich bin ich ja Klostertalerin, mein Mann kommt aus Bludenz. Vor dreizehn Jahren haben wir dieses Haus gekauft – somit sind wir mittlerweile Montafoner! Ich habe jetzt nicht ein enorm starkes Zugehörigkeitsgefühl zum Montafon, aber lustig ist schon, dass nicht nur meine Kinder sondern auch ich selber immer wieder Montafoner Ausdrücke verwende, ohne dass es mir überhaupt auffällt. Ich fühle mich definitiv mehr dem Montafon zugehörig, als Bludenz. Vielleicht auch deshalb, weil ich oft im Montafon auf Friedhöfen bin. Die Montafoner sind wirklich treue Kunden. Und ich kaufe auch selber gern im Montafon ein, zum Beispiel Sportbekleidung. Es kommt aber auch vor, dass ich bei der Arbeit auf dem Friedhof bemerke, dass ich meine Pinsel nicht dabei habe oder mir Material ausgeht. Dann fahre ich schnell zum Baumarkt und hole, was ich brauche.
#7 Hast du auch privat eine Verbindung zum Material Stein?
Ja, wenn du im Klostertal aufgewachsen bist – was hatte man da als Kind? Das Tobel. Wir haben in der Nähe vom Tobel gewohnt und da habe ich immer irgendwelche Schätze entdeckt. Wenn man bei mir hier rundum schaut, sieht man, dass meine Tochter genau die gleiche ist! Wenn wir vom Wandern heimkommen, haben wir mindestens fünf Steine in der Tasche – immer, das geht gar nicht anders. Ich habe also schon als Kind Steine gesammelt und es ist mir wirklich geblieben.